Lutz Görner Festival

Lutz Görner Festival

Lutz Görner Festival

Erleben Sie vier wunderbare Abende mit dem Rezitator Lutz Görner

 

Seit 50 Jahren steht er auf der Bühne. Mit 17 hat es in einer Schüleraufführung in Aachen begonnen. Als 1. Jäger in Schillers Wallensteins Lager. Daraus wurde dann während der Schulzeit der Statist Görner im Aachener Stadttheater. Ein Jahr später kam das Ballett hinzu. Der Ballettmeister konnte sich keine männlichen Tänzer leisten, fragte die Statisten und gab ihnen kostenlosen Unterricht. Opern- und Operetteneinlagen tanzten sie. Einmal war Rudolf Schock der Gaststar im Grafen von Luxemburg und sagte zum Tänzer Görner: Junger Mann, aus Ihnen wird noch einmal etwas werden! So was ließ die Brust schwellen. Nach dem Abitur begann das Studium der Theaterwissenschaft und Germanistik in Köln. Das dritte Fach war erst Philosophie, dann Kunstgeschichte und schließlich Soziologie. Neben dem Studium abends Schauspielschule im Theater der Keller. Jürgen Flimm war einer seiner Lehrer, Gudrun Landgrebe eine seiner Mitschülerinnen.

 

Das Studium brachte nach sieben Semestern nichts Neues mehr. Die staatliche Schauspielprüfung war bestanden und das erste Engagement war gleich am Kölner Schauspielhaus. Es machte weniger Spaß, als er dachte und so wurde er stattdessen Requisiteur an der Kölner Oper, dann Bühnenarbeiter am Münchner Gärtnerplatztheater. Anschließend Schauspieler, Dramaturg und Inspizient an einem Kölner Boulevardtheater. Dort lernte er Harald Juhnke kennen, was seinen Blick auf Leben und Beruf mitgeprägt hat. Schließlich ging er für drei Jahre ans Hamburger Thalia Theater und wurde Regieassistent bei Boy Gobert. Dort war alles versammelt, was damals gut und teuer war. Johanna von Koczian, Helmut Qualtinger, Ingrid Andrée, Ulrich Haupt, Ursula Lingen, Helmuth Lohner, und und und. Dort hat Lutz Görner sein Handwerk zu Ende gelernt und gemerkt, dass es sinnvoll ist, immer vorn auf der Bühnenmitte zu stehen und Monologe ins Publikum zu sprechen. Zum Schluss seiner Theaterlaufbahn ging er ans Kinder- und Jugendtheater der Münchner Kammerspiele.

 

Dort hat er sich die Didaktik angeeignet, Schwieriges auf einfache Weise seinem Publikum mitzuteilen, so dass ein Kritiker später über ihn als Rezitator schrieb: Bei Görner geht niemand mit dem Eindruck nach Hause, dumm zu sein. Am 3. Januar 1975 wurde er in einem kleinen Schwabinger Theater zum Rezitator. Mit dem Heine-Programm: Die Menschen sind keine Esel. Die Münchner TZ gab ihm die Rose der Woche und die AZ den Stern der Woche. Doppelt dekoriert startete er in sein Rezitatorenleben und fühlt sich bis heute darin wohl.

 

 

Mittwoch, 12. Dezember – 20 Uhr

 

Heinrich Heine:  Deutschland – Ein Wintermärchen

Über eintausend Mal hat Görner bisher Heines Wintermärchen gesprochen und ist glücklich es in diesem Festival weiterhin sprechen zu dürfen. Es ist sicherlich das wichtigste und lustigste politische Gedicht, das ein Deutscher über Deutschland geschrieben hat. Martin Walser lobte seine Interpretation mit den Worten: Eine Batterie, mit der man auch im Winter Licht machen kann.

 

Diese Batterie schildert eine Reise von Paris über Aachen, Köln, Hagen, Unna, Paderborn und Minden nach Hamburg. Hin zur geliebten Mutter, zum reichen Onkel Salomon und zum Verleger Julius Campe, dem Heine riet, das Wintermärchen kniend zu lesen. Vier Jahre vor der 1848er Revolution, die ganz Europa erfasste, geschrieben, ist es auch heute noch, nach fast 170 Jahren, eine Bestandsaufnahme unseres politischen Zustands, wo diejenigen, die etwas herstellen, von denen beherrscht werden, die etwas finanzieren. Aber Heines Deutschland – Ein Wintermärchen ist nicht nur ein politisches Vademecum, sondern auch ein poetisches Meisterwerk, das mit der Forderung beginnt:

 

Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.

Wir wollen auf Erden glücklich sein,

Und wollen nicht mehr darben.

Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,

Was fleißige Hände erwarben.

 

Und das voller Hoffnung mit dem Vers endet:

 

Es wächst heran ein neues Geschlecht,

Ganz ohne Schminke und Sünden.

Mit freien Gedanken, mit freier Lust,

Dem werd ich alles verkünden.

 

 

Donnerstag, 13. Dezember – 20 Uhr

 

 

Goethe liebt!

 

Als Lutz Görner im Herbst 1981 Goethe für alle herausgebracht hat, war sein jugendlich-linkes Publikum verstört. Der Görner wird jetzt bürgerlich?! Goethe galt in seinen Kreisen damals als Fürstenknecht. Aber bei Heine hatte er doch gelesen: Die Natur wollte wissen, wie sie aussieht und erschuf sich Goethe!

Wie auch immer, das Unternehmen Goethe schien zu scheitern. Er spielte vor leeren Stühlen. Doch vier Wochen nach der Premiere in Köln diskutierte Görner mit Marcel Reich-Ranicki in einer Aspekte-Sendung über Goethe und über seine Sicht auf den Dichter. Anschließend waren die Säle nicht nur gefüllt, sondern neben den Auftritten in Freizeitheimen, Universitäten, bei Gewerkschaften und Parteien kamen nun die Stadttheater und Kulturämter hinzu. 438-mal hat er Goethe für alle in Deutschland und von Moskau bis New York und von Helsinki bis Athen gespielt. Es folgten Goethes Reineke Fuchs, sein Märchen, später das Programm Auch Goethe und als Kassette Goethe für Kinder.

Und nun Goethe liebt!, eine Biografie mit den schönsten Liebesgedichten des größten deutschen Lyrikers entlang seines Liebeslebens. Vom Käthchen Schönkopf, die der 17-Jährige liebte, über Friederike Brion, Charlotte Buff, Lilli Schönemann, Charlotte von Stein, Christiane Vulpius, Marianne Willemer bis hin zu seiner letzten Liebe, Ulrike von Levetzow.

Da war Goethe 73 und sagte: Lieben belebt!

 

Wahrer Genuss

 

Umsonst dass du, ein Herz zu lenken,

Des Mädchens Schoß mit Golde füllst.

Der Liebe Freuden lass dir schenken,

Wenn du sie ganz empfinden willst.

Gold kauft die Stimme großer Haufen,

Kein einzig Herz erwirbt es dir.

Doch willst du dir ein Mädchen kaufen,

So geh und gib dich selbst dafür!

Ich bin genügsam und genieße

Schon da, wenn sie mir zärtlich lacht.

Wenn sie bei Tisch sich meine Füße

Zum Schemel ihrer Füße macht.

Den Apfel, den sie angebissen,

Das Glas, woraus sie trank, mir reicht

Und mir bei halbgeraubten Küssen

Den sonst verdeckten Busen zeigt.

 

 

Freitag, 14. Dezember – 20 Uhr

Ich lache nie!

 

Wenn Sie Lutz Görner kennen, wissen Sie, dass es in seinen Rezitationen immer auch etwas zu lachen gibt. Selbst im Bibel-Programm wurde gelacht. Er lacht nämlich gern. Wie alle Menschen, die guter Dinge sind. Deshalb stellte er jeweils eigene Abende mit humorvollen Gedichten von Wilhelm Busch, Christian Morgenstern, Joachim Ringelnatz und Kurt Tucholsky zusammen, in denen er anhand ihrer Texte, das Leben dieser Dichter erzählt hat:

 

Busch, der depressive Einzelgänger, dem die Schadenfreude die größte Freude war. Morgenstern, der schon mit 42 Jahren an Lungentuberkulose starb und lustig war, um sein Leid zu vergessen. Der alkoholkranke Ringelnatz, dessen Karriere erst 1919 mit 36 Jahren begann und dessen Auftritte und Bücher sofort 1933 von den Nazis verboten wurden und der daran zerbrach. Tucholsky, der Chronist der 20er Jahre, der 1935 nach elf Jahren Exil einsam in Schweden sein Leben beendete.

 

Wenig lustige Biografien von äußerst lustigen Männern. Deshalb darf eine Melange aus ganz vielen Sahnetörtchen von den Vieren, zu einem Abend gemischt, bei diesem Festival nicht fehlen. Aber keineswegs, um Ihnen, liebes Publikum, diese Sahnetörtchen ins Gesicht zu knallen, was unter Umständen ja auch lustig sein könnte, sondern um sie mit Ihnen lachend und genüsslich zu verspeisen. Texte vom Feinsten.

 

Der Mensch von Kurt Tucholsky

Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen: Eine, wenns ihm gut geht und eine wenns ihm schlecht geht. Die letztere heißt Religion. Der Mensch ist ein Wirbeltier und hat eine unsterbliche Seele, sowie auch ein Vaterland, damit er nicht zu übermütig wird. Der Mensch wird auf natürlichem Wege hergestellt, doch empfindet er dies als unnatürlich und spricht nicht gern davon. Er wird gemacht, hingegen nicht gefragt, ob er auch gemacht werden wolle … (Freuen Sie sich auf den Rest …)

 

Samstag, 15. Dezember – 20 Uhr

Chopin!

 

In der vorigen Spielzeit hat sich Lutz Görner mit der wundervollen Elena Nesterenko, die auf einer Woge der Zuneigung Franz Liszts Klaviermusik spielte, sich mit diesem ungarisch-österreichisch-französisch-deutschen Wundermann beschäftigt. Nicht nur mit seiner Musik, die Görner liebe, sondern auch mit seinen Schriften.

Dabei ist er auf die Biografie von Franz Liszt über seinen Freund Frédéric Chopin gestoßen. Zwei Jahre nach Chopins Tod 1849 hat Liszt sie in Weimar geschrieben. Wie fast alles von ihm auf Französisch. 30 Jahre später hat er sie von einer seiner Schülerinnen ins Deutsche übersetzen lassen.

Diese Übersetzung hat Görner nun, wiederum 130 Jahre später, an das heutige Deutsch angepasst. Eine wunderbare, eine tiefe, eine berührende Biografie. Sie ist Görners Teil an diesem Abend, über den Sie staunen werden.

Elena Nesterenko, die umjubelte Entdeckung der letzten Spielzeit, wird die wunderbare, die tiefe, die berührende Musik des polnisch-französischen Meisters spielen, dem im Gegensatz zu Franz Liszt nur ein kurzes Leben gegönnt war, von Krankheit und Depressionen belastet. Voll Trauer um sein Polen, das in dieser Zeit als Staat gar nicht mehr existierte und von Russland, Österreich und Preußen vereinnahmt wurde.

Ein Abend, bei dem auf der Bühne Kirschblüten erblühen werden und bei dem Sie die Hände der Pianistin von allen Plätzen gut auf einer Groß-Leinwand verfolgen können.

Franz Liszt schreibt:

Frédéric Chopin lebte an den Ufern des Traumlandes, wo das wirkliche Leben wie ein Nebelbild all denen erscheint, die von Kindheit an die Zaubermuscheln kennen, die zu den glücklichen Inseln geleiten, wo alle schön und jung sind. Wo Männer und Frauen mit langen, herabwallenden Haaren Blumenkränze tragen und süß klingende Harfen in der Hand halten. Wo sie in Stimmen und Gesängen reden, die nicht von dieser Welt sind und alle die gleiche, himmlische Liebe erfüllt. Wo silberne Becken die duftenden Wasserstrahlen auffangen, in chinesischen Vasen blaue Rosen wachsen. Wo zauberische Fernsichten winken. Wo man nackten Fußes auf samtenen Moosteppichen wandelt und sich im balsamischen Grün des Hains verliert.